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Industrie 5.0: Roboter verringern die kognitive Belastung der Arbeitnehmer

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Industrie 5.0: Roboter verringern die kognitive Belastung der Arbeitnehmer

Die Industrie 5.0 stellt das Wohlbefinden des Arbeiters in den Mittelpunkt des Fertigungsprozesses. Anstatt den Menschen durch Maschinen zu ersetzen, sieht das neue Industriezeitalter eine nahtlose Mensch-Roboter-Kollaboration (HRC) vor, bei der kollaborierende Roboter - Cobots - Wiederholbarkeit und Präzision bieten und die Geschicklichkeit und Flexibilität des Menschen ergänzen. Während die HRC die Produktivität im Fertigungsprozess steigert, sind das Benutzererlebnis und das menschliche Wohlbefinden während dieser Interaktion weniger gut definiert. Angesichts dieser Lücke hat sich ein Forschungsteam des Politecnico di Torino (Italien) auf den Weg gemacht, um die kognitive Belastung des Menschen während der HRC in einer Produktmontage zu quantifizieren.

Die kognitive Belastung, d. h. die geistige Anstrengung, die zur Ausführung einer Aufgabe erforderlich ist, ist für die menschliche Arbeitsleistung und das Wohlbefinden von wesentlicher Bedeutung. Eine übermäßige Belastung kann die Produktivität beeinträchtigen, während eine optimale Belastung sie steigern kann. Durch die Messung und das Verständnis der kognitiven Belastung will das Team den Weg für eine Zukunft ebnen, in der HRC nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch das menschliche Wohlbefinden im Kern verbessert.

Die Studienteilnehmer hatten die Aufgabe, Produkte (z. B. eine Membranwasserpumpe) von unterschiedlicher Komplexität mit zwei Methoden zusammenzubauen: manuell und mit Unterstützung eines Roboters. Die Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass Aufgaben mit höherer Komplexität zu einer erhöhten kognitiven Belastung führen würden, während die Unterstützung durch einen Roboter diese verringern könnte. Um den Einfluss der Komplexität der Produktmontage und des HRC auf die kognitive Belastung zu messen, haben die Forscher die Herzfrequenzvariabilität, die galvanische Hautreaktion und die Augenbewegungen mit dem mobilen Eye Tracker Tobii Pro Glasses 3 gemessen.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Vorteile der Unterstützung durch den Roboter bei der Verringerung der kognitiven Belastung während komplexer Montageaufgaben. Die Auswirkungen des Roboters auf die kognitive Belastung variierten über alle physiologischen Messgrößen hinweg - die galvanische Hautreaktion zeigte mit zunehmender Komplexität der Montage einen Aufwärtstrend, während bei den Messungen der Herzfrequenzvariabilität kein besonderer Trend zu beobachten war. Vor allem die Eye Tracking-Messungen lieferten die signifikantesten Ergebnisse, die auf Veränderungen der kognitiven Belastung hinwiesen:

  • Die durchschnittliche Amplitude der Sakkaden war bei der Zusammenarbeit mit Cobots größer als bei manuellen Aufgaben, was auf eine geringere kognitive Belastung hinweist, wenn Cobots am Montageprozess beteiligt sind.

  • Die durchschnittliche Spitzengeschwindigkeit der Sakkaden war bei der Zusammenarbeit mit Robotern höher als bei der manuellen Modalität, was auf eine geringere kognitive Belastung bei der Arbeit mit Robotern hindeutet.

  • Die durchschnittliche Dauer der Fixation war bei komplexeren Aufgaben länger, was vermutlich eine höhere kognitive Anstrengung erfordert. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass längere Fixierungen bei komplexen Aufgaben auch einen Flow-Zustand widerspiegeln könnten - ein tiefes Engagement bei einer Tätigkeit.

  • Der durchschnittliche Pupillendurchmesser war bei komplexeren Aufgaben größer, was auf eine größere kognitive Belastung hindeutet als bei Aufgaben mit geringerer Komplexität.

Die Studienautoren betonen, dass keine einzelne physiologische Messgröße die kognitive Belastung individuell beschreiben kann und daher ein umfassender, multimodaler Ansatz unerlässlich bleibt. In praktischen Szenarien können physiologische Daten aus Quellen wie Eye Tracking, Herzfrequenzvariabilität und Hautleitwert in Cobots eingespeist werden, um deren Interaktionen auf der Grundlage der individuellen kognitiven Belastung menschlicher Arbeiter anzupassen.

Zitierte Veröffentlichung

Capponi, M., Gervasi, R., Mastrogiacomo, L., & Franceschini, F. (2024).
Montage complexity and physiological response in human-robot collaboration: Insights from a preliminary experimental analysis . Robotics and Computer-Integrated Manufacturing , 89 , 102789.

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Geschrieben von

Ieva Miseviciute

Zeit lesen

3 min

Autor

  • Ieva Miseviciute, Ph.D.

    Ieva Miseviciute, Ph.D.

    WISSENSCHAFTSAUTOR, TOBII

    Als Wissenschaftsjournalist lese ich wissenschaftliche Veröffentlichungen und schreibe über den Einsatz von Eye Tracking in der wissenschaftlichen Forschung. Ich liebe es, neue Wege zu entdecken, wie Eye Tracking unser Verständnis der menschlichen Kognition voranbringt.

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